Schiedsrichter

Endlich Play-Off

Wenn es denn bloß so wäre…

Im März beginnt die beste Zeit der Eishockey-Saison. Es geht von Null los. Es werden eigene Gesetze geschrieben. Alle freuen sich auf diese Zeit. Alle? Nicht wirklich! Der Nürnberger Trainer Peter Draisaitl formulierte es auf folgende Weise: „Lieber bis zum Ende gegen den Abstieg spielen als so etwas.“ Was genau meint Draisaitl mit „so etwas“? Er meint die Tatsache, dass die Teams im unteren Bereich der Tabelle, die keine Chance mehr auf eine Play-Off Teilnahme haben, diese Zeit fürchten. Die Stadien werden immer leerer, die Spieler verlieren die Lust und die Manager sind einfach nur froh, wenn die Farce endlich vorbei ist. Alle anderen fiebern den Play-Offs natürlich enthusiastisch entgegen. Enthusiastisch? Fragt mal bei ein paar Vertretern der 2. Bundesliga an, wofür sie denn die heißumkämpfte Endphase der Saison spielen. Ihr werdet in ziemlich genervte Gesichter blicken. Denn der grandiose Sieger der 2. Bundesliga kann sich keineswegs sicher sein, den Aufstieg gewonnen zu haben. Das entscheidet ein Gremium in dem größtenteils Anwälte sitzen. Diese Anwälte (nicht etwa Wirtschaftsprüfer) entscheiden dann, ob die Wirtschaftlichkeit des „Aufsteigers“ gut genug geschätzt ist. Doch ob es überhaupt soweit kommt ist zusätzlich davon abhängig, ob sich die 1. Bundesliga – noch heißt sie DEL – vor der Saison entschieden hat, wieder Aufsteiger zuzulassen. Das muss man sich sehr gut überlegen als DEL. Denn wenn eine Liga „boomt“ kann man natürlich nicht jeden dahergekommenen Club aufnehmen.

Die DEL boomt?

Das ist tatsächlich der „Running Gag“ des letzten Jahrzehnts! Ich konnte fast nicht glauben was ich da vorgesetzt bekam. Eine Pressemitteilung die über lange Zeit seines Gleichen suchen wird. Der Pressemitarbeiter der DEL interviewt seinen eigenen Chef zur vergangenen Hauptrunde! Und das schlimmste an der Geschichte ist, dass sämtliche Schmierblätter diese Pressemitteilung aus lauter Frust und Langeweile am deutschen Eishockey einfach nehmen, weder hinterfragen noch Recherche betreiben, und eins zu eins als Artikel verwenden.

DEL Medieninfo

Auslastung DEL 2011 12

Während die Hannover Scorpions vor die Hunde gehen, Düsseldorf ums Überleben kämpft und Krefeld seinen Etat um 400.000 Euro senkt, erzählt Gernot Tripcke der Medienwelt vom Boom der DEL. Was genau versteht man denn unter Boom? In Boomzeiten blüht die Wirtschaft auf, Gehälter steigen, der Markt ist nahezu abgeschöpft und man nähert sich den Kapazitätsgrenzen. Die Gehälter der Eishockeyprofis stagnieren zur Zeit so stark (seit 10 Jahren liegt das Durchschnittsgehalt nun bei rund 100.000 Euro – real zuletzt sogar bei 80 bis 90.000 Euro!), dass Nationalspieler den Gang in die dritte Liga und eine begleitende Ausbildung vorziehen. Der Markt ist so ausgeschöpft, dass die DEL „erste Angebote von Fernsehsendern ablehnte, da man zu viele Exklusivrechte vergeben hatte“. Die Zuschauerfrequenz bei Sky bewegt sich ja bereits zwischen 20 und 40 Tausend pro Spiel! Und die Kapazitätsgrenzen? Die Produktionsstätten (Eishallen/MuFuArenen) werden nur sehr selten mit Auslastungszahlen in der Presse gefunden. Man müsste sich die Mühe machen, diese selbst auszurechnen (mit Ausnahme der Top-Clubs). Das habe ich in Anschluss an den hier verlinkten Artikel dann aber gemacht. Ein eindeutiger Beweis für den „Boom“, der gerade in der DEL herrscht. Die Hälfte der Clubs kommt nicht mal über die 60% Hürde, Augsburg nur mit Mühe und Not! Was für ein Zuschauerboom! Und der Rekord? Naja, 05/06 lag der Schnitt bei 6.069 und eine Saison später sogar bei 6.182! Herr Tripcke spricht also recht großspurig von einem Rekord und kennt dabei seine eigenen Zahlen nicht. Mann, es wird echt müßig, sich mit solchen Geschäftsführern auseinanderzusetzen…

Der Running Gag

Der „Kommunikationsexperte“ Tripcke spricht bei Auf- und Abstieg vom Running Gag. Während die Fussball-Bundesliga die Play-Downs wiedereingeführt hat und damit einen Riesenerfolg landete, schaffte die DEL, die ja Geld in keinster Weise nötig hat, die Play-Downs (nicht nur zum Frust des Nürnberger Kollegen) schon vor Jahren ab. In Deutschland gehören die Play-Downs ganz einfach zum Eishockey. Daran führt kein Weg vorbei. Tripcke gibt selbst zu, dieses Thema „unterschätzt“ zu haben. Im gleichen Atemzug schiebt er aber auch gleich einer „diffusen Gruppe“ aus der zweiten Liga den schwarzen Peter zu. Wie kann man in der deutschen Mannschaftssportlandschaft allen Ernstes die Bedeutung von Auf- und Abstieg unterschätzen? Ach ja genau, es boomt ja… Als ich über diesen Beitrag stolperte fiel mir dann nebenbei noch etwas viel gravierenderes auf! 1 Jahr nach dem Start der Planungen zum „Joint-Venture“ DEL und Nationalmannschaft fällt Herrn Tripcke auf, dass hier das Bundesministerium des Inneren eine Rolle spielt, eine sehr beachtliche sogar! Doch das BMI fördert keine GmbHs. Was für eine Erkenntnis?! Woran genau hat der Mann mit dem Rest seiner Expertenrunde die ganze Zeit gearbeitet? Hat er überhaupt daran gearbeitet? Ich lehne mich jetzt sehr weit aus dem Fenster (und es wird bestimmt Hiebe dafür setzen…) und behaupte: Sie haben gar nicht daran gearbeitet, im Sinne des Wortes arbeiten! Denn einen Sportdirektor gibt es bei all der ganzen Joint-Venture-Arbeit immer noch nicht. Und der Kooperationsvertrag? Den hat man vor lauter Boom ganz einfach mal 1 Jahr zu spät und ohne die ESBG geschlossen! Ist das Arbeitsverweigerung, Planlosigkeit oder totale Inkompetenz. Böse Zungen behaupten auch Letzteres.

Tripcke bei SpoBiS

Darüber hinaus würde mich brennend interessieren, warum die DEL 700.000 Euro „einfriert“, die an den DEB gezahlt werden sollen, wenn man sich doch so gut versteht und die Unterzeichung des Kooperationsvertrages doch nur noch reine Formsache ist. Worüber reden wir hier in Boom- und Play-Off-Zeiten eigentlich? 700.000 Euro, die man nicht an den DEB zahlen will? Erpressung in Zeiten der Hochkonjunktur? Wie äußert sich der Betroffene dazu? „Probleme gelöst, Vertrag wird zeitnah unterschrieben“ oder „Das hatte allein mit steuerrechtlichen Dingen zu tun, die enorm viel Zeit in Anspruch genommen haben“, erklärt Harnos gegenüber Eishockey NEWS online. Genau! Wegen dieser Formsachen, die zeitnah geregelt sein werden, friert Herr Tripcke 700.000 Euro ein. Wie soll man sich da auf die Play-Offs konzentrieren können?

 

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Play-Offs – die wichtigste Zeit für gute Schiedsrichter

Zurück zu den Play-Offs. Zu keiner Zeit der Eishockey-Saison sind die Schiedsrichter mehr gefragt als in den Play-Offs. Die Besten müssen ran, damit Ordnung in die Spiele kommt und bleibt. Auch hier scheint schon nach den ersten Spielen die totale Ernüchterung einzutreten. Ein kurzer Schwenk zu den „Betroffenen“ spricht da Bände! Es scheint nicht weit her mit der Aus- bzw. Weiterbildung unserer Schiedsrichter. Björn Fricke schneidet hier an, was sich alle denken: „Das war heute am zweiten Play-off-Spieltag zusammengefasst ein jämmerlicher Hilfeschrei des total überforderten, mies ausgebildeten und betreuten Schiedsrichter-Wesens des DEB. Im übrigen auch ein Nebenprodukt des nicht unterzeichneten Kooperationsvertrages und des entsprechenden Geldmangels, der eben auch solche Ableger des DEB trifft.“ (Diese Aussage stammt noch vor der Unterzeichnung am Samstag) Da wären wir wieder beim Boom. Habt ihr schon mal von Geldmangel in Zeiten des Booms gehört? Gingen hier etwa rund 700.000 Euro ab, aus denen auch Weiterbildungsmaßnahmen für Schiedsrichter finanziert werden hätten können. Man könnte derartige Fortbildungen bestimmt auch anders finanziert bekommen, wenn sich ein Sportdirektor intensiv damit beschäftigt hätte. Aber den gibt es ja immer noch nicht. So enden mehrere Play-Off-Spiele als Farce. Aber außer den wenigen Treuen in den Stadien nimmt ja niemand Notiz. Warum auch? Es sind doch alle Probleme beseitigt. Freuen wir uns also auf die weiteren Play-Off Spiele…

Immerhin ist der Kooperationsvertrag (wahrscheinlich auch durch Druck von „weiter oben“) mittlerweile unterschrieben. Die genauen Inhalte zu erfahren, empfinde ich gerade spannender als die Play-Off Begegnungen.

Nehmt es mir bitte nicht übel,

Euer Manuel Hiemer




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