Geschichten aus dem Leben

Der Hockey Blog – Holger Bösche’s Gastbeitrag

Seit Dezember 2011 ist im Eishockey eine Stimmung zu verspüren, die geradezu als „Knistern“ bezeichnet werden kann. Selbst auf mehrmalige Aufforderungen hin, gibt es noch keine adequaten Statements der „Führungselite“ im dt. Eishockey. Dafür gehen die Fans fast schon auf die Barrikaden! Doch nicht nur das. Holger Bösche, aktueller Fanbeauftragter der Eisbären Berlin, gibt hier ein Plädoyer ab, das (gemessen an den „Outtakes“ unserer Funktionäre) schon als bahnbrechend angesehen werden kann! Ich würde Euch gerne viel Spaß beim Lesen wünschen. Mit Spaß hat es aber leider nicht viel zu tun! Lest selbst:

Schweigen ist Silber, Reden ist Gold


Das Thema Auf- und Abstieg ist der Running-Gag im deutschen Eishockey„, entglitt es kürzlich DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke beim Sport- und Business-Kongress in Düsseldorf.

Wieder haben sie zugeschlagen, diese ewigen Plaudertaschen. Wie soll man diese Aussage werten? Unüberlegt? Provokant? Herablassend? Oder gar ignorant? Der einzige „Running Gag“, den ich hier erkennen kann, ist das mit schöner Regelmäßigkeit wiederkehrende Phänomen derjenigen Lautsprecher im deutschen Eishockey, die uns verkünden, was geht und was nicht. Dabei ist nicht zu erkennen, dass man sich mit der nötigen Ernsthaftigkeit mit dem Thema beschäftigt. So gab es, wie ja vielen schon bekannt, am Rande des Deutschland-Cups einen „Runden Tisch“. Initiiert von Fans, die sich um ihren Sport sorgen. Und wie sich in der Folge zeigte, ist diese Sorge auch vollkommen berechtigt. Da schaffen es Vertreter des deutschen Eishockeys tatsächlich, sich gegenüber zu sitzen und dennoch nicht miteinander zu reden! Mal von dieser lächerlichen Peinlichkeit abgesehen, stellen sich hier doch einige Fragen, wie etwa zum Nichtzustandekommen des verabredeten Treffens in Garmisch, das ALLE Beteiligten in Aussicht stellten. Ich bin mal so frei, das Protokoll, das auch von Matthias Schumann, seines Zeichens Kommunikations- und Medienbeauftragter der DEL, unterzeichnet wurde, hier zu zitieren:

Man sei sich selbstverständlich im Klaren, dass das bisherige Angebot weiterhin verhandelt werden müsse, da jede Liga die Notwendigkeit der Verzahnung, mit all seinen Aspekten sähe.“

Ok. Man sollte ja denken, dass die Jungs nun doch endlich mal Vernunft walten lassen und am Puck bleiben. Dann aber kam der große Auftritt des DEB! Nachdem DEB-Präsident Uwe Harnos nun endlich mal seiner Aufgabe gerecht werden wollte und zusagte, die Gesprächspartner (wenn man denn diese mit viel gutem Willen als Partner bezeichnen will) von DEL und ESBG unter seiner Vermittlung wieder an einen Tisch zu bekommen, wurde angekündigt in Garmisch weitere Gespräche zu führen. Dazu, so vermeldete man es, bemühte man sich redlich. Hat zwar keiner mitbekommen, leider auch die DEL und die ESBG nicht, aber das „Bemühen“ war angeblich da. Dass der DEB sich dann noch entblödet, via Facebook offensichtliche Unwahrheiten diesbezüglich zu verbreiten, macht die Sache nur noch rund. Fakt ist, dass es keine ernsthaften Bemühungen des DEB gab! Klargestellt wurde dies u.a. von Dirk Wroblewski (Geschäftsführer der Hannover Indians). Und auch Nachfragen bei der DEL diesbezüglich ergaben ein eher jämmerliches Bild. Wenn hier eine kurzfristige, lapidare e-Mail des Verbandes die ganzen Bemühungen zu einer Einladung darstellen soll, dann darf man sicherlich mal nachfragen, ob die werten Herren in München nun vollkommen ihren Dienst einstellen wollen. Aber wer denkt, das wäre das einzige „Highlight“ dieser Geschichte, hat nicht mit der DEL gerechnet. Auf Nachfrage eines DEL-Fanbeauftragten bezüglich des (nicht stattgefundenen) Treffens in Garmisch, kam doch von Herrn Schumann die prompte Antwort:

Widersprechen müssen wir allerdings in einem zentralen Punkt: Es war niemals davon die Rede, den Kooperationsvertrag nachzuverhandeln, um die zweite Liga ggf. noch darin zu integrieren. Vielmehr ging es immer um weitere informelle Gespräche, sollte es dazu inhaltlich motivierte Gründe geben.“

Zugegeben, ich bin etwas verwirrt ob dieser sich konträr gegenüber stehenden Aussagen. Aber ich versuche es mit dem berühmten Adenauer-Zitat: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.“, zu begreifen.

Und noch ein Auszug aus selbigem Schreiben:

Aktuell haben DEB und DEL einen Kooperationsvertrag – der zwar noch nicht ratifiziert ist, weil er in Kleinigkeiten bezüglich möglicher rechtlicher Relevanz abschließend auf Herz und Nieren geprüft wird –, den beide Parteien in der Praxis erfolgreich ‚leben‘. Dies dokumentiert sowohl das erfolgreiche Abschneiden des DEB-Teams auf Nationalmannschafts-Ebene als auch die aktuelle DEL-Saison mit deutlich gestiegenem Zuschauer-Interesse.“

Immerhin reichen die „Kleinigkeiten“ ja aus, um – nach Pressemeldungen – die Zahlungen an den DEB zumindest auszusetzen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der Zusammenhang zwischen dem (noch immer nicht ratifizierten) Kooperationsvertrag und dem, auf Grund der sportlichen Situation mancher Vereine, gestiegenem Zuschauerinteresse erschließt sich mir nicht. Auch die argumentative Verkettung der erfolgreichen Nationalmannschaft und dem jetzigen Kooperationsvertrag verwundert mich. Abgesehen von den Urteilen solch scheinbar unbedarfter Personen wie Ex-Bundestrainer Uwe Krupp, der diese Erfolge eher trotz denn wegen der Strukturen im dt. Eishockey errungen sieht. Letztlich war dieser „Vertrag“ noch gar nicht aktuell, als besagte Erfolge bei den Weltmeisterschaften erzielt wurden. Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn im dt. Eishockey tatsächlich durchgängig professionelle Strukturen einkehrten und man an einem Strang zöge. Dazu wären jedoch einige tiefgreifende Einsichten notwendig.

Wie zum Beispiel die, dass die DEL als „Vorzeigeliga“ eine Verantwortung gegenüber dem gesamten dt. Eishockeysport hat! Sie muss sich dieser Verantwortung stellen und kann nicht losgelöst von allem irgendwo im Wolkenkuckucksheim vor sich hin wursteln und mit schnöder Arroganz nach „unten“ schauen. Natürlich gehört zur Teilnahme am Spielbetrieb der DEL die Erfüllung gewisser Voraussetzungen. Fraglich ist nur, wie diese aussehen und ob die gegenwärtigen Anforderungen gerechtfertigt sind. Verantwortliches Handeln, aktive Unterstützung unterklassiger Vereine zur Verbesserung von Strukturen und Perspektiven wären dahingehend deutlich hilfreicher, als den Erklärbär zu geben! Die DEL-Klubs müssen erkennen, wer die Voraussetzungen schafft, damit ihr Spielbetrieb überhaupt stattfinden kann und zunehmend auch die Anzahl der Legionärs-Lizenzen reduziert werden können. Dieses Bewusstsein muss in Verantwortung münden gegenüber allen ausbildenden Vereinen in ganz Deutschland.

Ist es der Weisheit letzter Schluss Hürden aufzustellen, die für den Großteil der ESBG-Vereine zu hoch sind? Und wie sinnvoll sind Strukturen innerhalb der DEL, welche ermöglichen, dass im schlimmsten Fall ein oder zwei Liga-Gesellschafter das Vorwärtskommen im dt. Eishockey verhindern können?

Aber auch die ESBG hat dringenden Nachholbedarf und entsprechend Hausaufgaben zu erledigen. Sehr viel mehr als nett klingende Absichtserklärungen waren auch aus ihrer Richtung seit dem Scheitern der Gespräche im Sommer nicht zu vernehmen. Einschneidende Maßnahmen zu Strukturverbesserungen, die auf Nachhaltigkeit abzielen? Pustekuchen! Stattdessen gab es Nebelkerzen fürs Volk wie „güldene Helmchen“ für die Top-Knipser der Teams. Toll, das bringt uns weiter! – Auch die mitunter verquere Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei einigen ESBG-Vereinen versetzt mich in Erstaunen. Man kann zwar seinen Fans erzählen, dass man die erste Liga stemmen könne, realistisch betrachtet kommen dafür aber bei weitem nicht alle Vereine in Frage. Da werden die Backen schon bei der Forderung nach einer Bürgschaft gebläht.

Und der DEB?

Ich möchte jetzt keine Sammelaktion für Telefonkarten oder Briefmarken starten, damit der seinen Aufgaben als Dachverband gerecht werden kann. Festzustellen bleibt jedoch, dass der Verband im Kooperationsvertragstheater und der sich anschließenden Sprachlosigkeit eine unrühmliche Rolle spielte. Dass an dieser Stelle schlichtweg versagt wurde, war wohl nicht nur mein Eindruck. Flickschusterei und das Verpassen von Gelegenheiten zeichnet diesen Verband aus. Dringender denn je muss man hier endlich eine Professionalisierung anstreben. Auch und gerade GEMEINSAM mit den Profiligen!

 

 

 

Eine grundsätzliche Aufgabe des Verbandes besteht zudem darin, dem Ligen-Hickhack unterhalb der ESBG ein Ende zu setzen und eine leistungsfähige Oberliga zu schaffen, die im engen Austausch mit der DNL auch als Ausbildungsliga fungieren könnte. Und nein, man kann es dabei nicht jedem Deichgrafen recht machen. Man sollte endlich mit der Mär aufräumen, dass es im dt. Eishockey einen „Goldesel“ gibt, der es jedem Dorfverein mit anliegendem temporär vereistem Gewässer ermöglicht, Profieishockey zu finanzieren. Um die Dinge auch dahingehend zusammenzuführen und in der Folge kompetent zu begleiten, wäre zwangsläufig ein starker Verband vonnöten. Das Beispiel Schweiz zeigt wie Ligenstrukturen und Verzahnung funktioniert. Das Beispiel Schweden ebenso. Und wie eine Interessenvertretung von Profiligen innerhalb eines Verbandes aussehen kann, findet man bei der Randsportart Fußball.

Ich muss also den Gralshütern des dt. Eishockeys widersprechen

, die da meinen, es gäbe keinen Gesprächsbedarf. Ihr habt davon mehr als genug, denn bisher habt ihr nicht ansatzweise eure Hausaufgaben gemacht! Spart die Energie auf, den Fans etwas vom Pferd zu erzählen, sie für dumm zu verkaufen oder vorzuhalten, sie begriffen die Zusammenhänge nicht. Eishockey ist kein Verwaltungsakt, bei dem die Verantwortlichen in aller Seelenruhe Beamtenmikado spielen dürfen, nach dem Motto: „Wer sich zuerst bewegt, hat verloren!“

Wer hier für den Fortbestand des „Running Gag“ sorgt, kann jeder für sich entscheiden.

Ich gratuliere Holger zu diesem Beitrag!

Euer Manuel Hiemer



EM Gewinnspiel



<https://derhockeyblog.de/2012/02/24/der-hockey-blog-holger-bosches-gastbeitrag/

Der Hockey Blog – Sag niemals nie

„Ich ziehe nie wieder Schlittschuhe an…

derstudent

sagte ich Anfang des Jahres 2007 zu meiner Ehefrau (damals noch meine Freundin), nachdem ich wenige Zeit vorher meine Laufbahn beendet hatte. Was war passiert? Nach der persönlich besten Saison meines Lebens (2005/06) hatte ich jegliches Interesse an dieser großartigen Sportart verloren, stand unter dem Druck meine Diplomarbeit in 3 Monaten abgeben zu müssen und hatte eine Fernbeziehung, die stark unter dem Wochenend-Rythmus der Spiele litt. Nachdem man als Eishockeyspieler in Deutschland nicht reich werden kann, hatte ich mich sehr früh entschlossen, Beruf/Schule und Sport nur in Kombination auszuüben. Zwei-Wege Vereinbarungen lassen sich als Lehrling, Praktikant oder (Werk)Student sehr gut realisieren. Sobald das Ende des Studiums naht wird es allerdings schwierig. In den meisten Fällen entwickelt sich aus der Diplomarbeit heraus ein zukünftiges Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber. Das war auch mein Plan. Das Karriereende stand also mit Ende der Saison 2006/07 schon kurz bevor.

Ein vorzeitiges Ende mit Ankündigung

Viele fragten sich: „Warum hört der Hiemer im November auf, wenn am Ende der Saison sowieso Schluß gewesen wäre?“ Ein wesentlicher Grund, den der EHC München heute noch falsch darstellt (Warum auch immer?), war das sehr umstrittene Ende von Trainer Gary Prior! Natürlich ist es höchst subjektiv zu sagen, er war der beste Trainer, den ich je hatte. Aber in meinen Augen war es eben so. Viele in München sahen das wohl anders. Zuletzt erklärte mir Gary, dass er es nicht mehr weiter schaffe, gegen Windmühlen anzukämpfen. Nach einem eher durchwachsenen Freitags-Auswärtsspiel in Wolfsburg ließ er die Mannschaft wissen, dass er am Sonntag nicht an der Bande stehen werde, weil er überlegen müsse, ob er weitermachen wird oder nicht. Schon beim samstäglichen Training kündigte ich Manager Winkler an, dass ich meine Karriere sofort beenden werde, falls Gary Prior tatsächlich rausgemobbt wird. Wenige Tage später trat genau das ein. Coach Prior trat zurück. Ich war irgendwie entsetzt (obwohl man das ja im Eishockey immer wieder erlebt). Wenige Spiele absolvierte ich noch. Doch irgendwie war die Luft komplett raus. Das konnte auch der neue Trainer, ein gewisser Pat Cortina, nicht mehr ändern.

Die Diplomarbeit bekam noch mehr Fokus

Je mehr die Luft des Sports in mir entwich, desto stärker rückte die Diplomarbeit in den Vordergrund. Und die Beziehung ebenfalls. Ich riss alle Zelte in Bayern ab und zog zu meiner Frau nach Halle (Saale). Dort brachte ich die Diplomarbeit mit sehr viel Engagement zum Abschluss. Das Problem war nun, dass der Auftraggeber der Diplomarbeit seinen Sitz in München hatte. Ein halbes Jahr „home office“ von Halle aus hätte er akzeptiert. Doch dann sollte ich zurück nach München kommen. Der Lauf des Lebens floss aber anders. Ich entschied mich, und in diesem Zusammenhang viel auch der Satz „Ich ziehe nie wieder Schlittschuhe an“, in Halle zu bleiben und dort mit meiner Frau sesshaft zu werden. Ich verpflichtete mich das halbe Jahr von Halle aus noch für die Firma aus München zu arbeiten und wollte mir dann einen Job in Halle suchen. Doch die Arbeitssuche gestaltete sich als „etwas schwierig“. In Halle und Leipzig sitzen sehr viele Betriebsstätten (z.B. von Porsche, BMW, DHL oder Amazon). Als BWL-Absolvent mit Schwerpunkt Marketing liegt der Einsatzbereich allerdings in der Zentrale. Die Firmenzentralen diverser Firmen liegen jedoch in München, Stuttgart oder Berlin. Kleine Unternehmen beschäftigen häufig keine Marketing- oder Projektmanager.

Selbstständigkeit statt Arbeitslosigkeit

Das Ende vom Lied war, dass es nach einem halben Jahr der Suche immer noch keinen Job gab. Anstatt Trübsal zu blasen, besonn ich mich auf das Gewerbe, das ich während des Studiums angemeldet hatte, um diverse Auftragsarbeiten abzurechnen. Für Aufträge im Bereich Corporate Design, Projekt- oder Marketing-Management und Kommunikation gab es Referenzen. Diese Referenzen nutzte ich, um selbige Leistungen in Halle und Umgebung anzubieten. Erste Miniaufträge kamen zustande. Bis…ja bis der Weg tatsächlich wieder zurück zum Eishockey führte. Durch einen Flyer eines Gründerzentrums in Halle wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass innovative Projekte in Sachsen-Anhalt besonders betreut und gefördert werden. Das Thema der Diplomarbeit (möchte ich hier jetzt nicht auch noch erläutern) brachte mich darauf, eine Online-Software für den Profisport Eishockey zu entwickeln, mit besonderer Ausrichtung für Scouting und Saisonplanung. Zusammen mit dem Gründernetzwerk Univations wurde ein Konzept erarbeitet und Förderung beantragt. Die Förderung wurde bewilligt und alle Aufmerksamkeit galt nun dem neuen Projekt. Zielstrebig wurden Software und Businessplan erstellt. Der Verlauf war zunächst so positiv, dass im Mai 2009 die Scoutractor GmbH gegründet wurde und damit das Projet zur Firma wurde. Während der Zusammenarbeit mit unserem Betreuer von Univations ereignete sich etwas völlig unerwartetes und unvorhersehbares:

Zur Rückkehr genötigt!

Während einer Konzeptbesprechung mit dem Betreuer des Gündernetzwerkes erklärte mir dieser, dass sein bester Freund bei der zweiten Mannschaft des Hallenser Eishockeyvereins „Saale Bulls“ spiele und sich dort alle richtig freuen würden, wenn ich mal zu einem Training komme. Das kam wie ein Faustschlag in mein „Ich-spiele-nie-wieder-Eishockey-Gesicht“! An diesem Abend sass ich mit meiner Frau beim Abendessen und erklärte ihr die neuen Entwicklungen in unserem „Hallenser“ Leben. Die Antwort können sich bestimmt alle denken: „Aber Du wolltest doch nie wieder Schlittschuhe anziehen!“ Natürlich hatte ich das zwei Jahre vorher gesagt. Und irgendwie wollte ich mir treu bleiben. Der Beschluss des Abends war, dass ich nicht an besagtem Training teilnehmen werde. Die Wochen verstrichen und die nächste Konzeptbesprechung stand an. Natürlich kam sofort die Frage, ob ich denn das Training besucht hätte. Kleinlaut und irgendwie verunsichert gab ich zu verstehen, dass ich eigentlich nicht mehr spielen wollte. Das verstand der Herr von Univations gar nicht. Auch aus Mangel an Begründungen meinerseits (für das Fernbleiben von besagtem Training) erklärte er mir, dass ich doch einfach mal hingehen, mit seinem „Kumpel“ ein paar Worte wechseln und mich dann entscheiden sollte… Nach Rücksprache mit meiner Frau bewegte ich mich dann eines Montagabends in Richtung Volksbank Arena. Ein vertauter Geruch umwehte mich im Kabinentrakt, bestens bekannte Gesprächsfetzen flogen mir entgegen und plötzlich fand ich mich in einer geliehenen Ausrüstung wieder, auf dem Weg zur Eisfläche…

Einfach wieder Freude an dieser coolen Sportart!

Saale Bulls 1b

Die Zeit und die Trainingseinheiten verstrichen, die Scoutractor GmbH bekam ihre notwendige Zwischenförderung nicht und ich besann mich wieder auf meine ursprüngliche Gewerbetätigkeit. Heute, im Jahr 2011, habe ich einige sehr gute neue Kunden gewonnen (ein paar nicht zuletzt durch den Einstieg bei der zweiten Mannschaft der Saale Bulls) und mutierte zum Teamchef der ESV Halle e.V. „Saale Bulls 1b“. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass die Trainerarbeit soviel Spaß machen kann. Es geht nicht mehr um so viel wie früher, aber dafür macht es wieder richtig Freude. Das beste an der gegenwärtigen Konstellation ist, dass ich sogar als Teamchef (da ich, wie ein paar namhafte Vertreter im Fußball, keinen Trainerschein besitze, muss diese Bezeichnung herhalten) mitspielen „darf“. Es ist ein echt schönes Gefühl Menschen etwas beizubringen, wenn diese im Gegenzug dankbar sind und dies auch sagen und zeigen! Wie erfolgreich die erste Saison des „Aufsteigers“ Saale Bulls 1b in der Regionalliga verläuft, wird sich zeigen. Bereut habe ich die Rückkehr zur coolsten(!) Mannschaftssportart der Welt bis heute nicht. Allerdings habe ich eine Sache ziemlich deutlich beigebracht bekommen:

Sag niemals nie!

Euer

Manuel Hiemer


Eishockeykarriere und dann…

Die aktuelle Nachricht vom Wechsel des Manuel Klinge

hat mich dazu bewegt wieder einmal zu schreiben. Warum gerade diese Nachricht, mögen sich da einige fragen. Das hat zwei Gründe. Zum einen wurde ich zu genau dem gleichen Schritt vor 13 Jahren getrieben und zum anderen weist sie auf die Lage hin, in der sich Eishockey als Profisportart befindet. Der direkte Kommentar zur Nachricht von Tom Kasper spricht mir dabei aus der Seele: „ich finde es spricht nicht für die attraktivität einer liga, wenn sich ein nationalspieler mit 26 gezwungen sieht die sportliche karriere hinten anzustellen. (wenn es nicht gerade außergewöhnliche persönliche gründe hat)“. Ich gehe sogar weiter und sage, dass es ein Armutszeugnis für eine Profiliga ist, wenn es sich ein Nationalspieler finanziell nicht leisten kann, sein Studium nach Karriereende in Angriff zu nehmen. Vor kurzem hat mit Patrik Reimer, ebenfalls Nationalspieler, ein weiterer Profispieler seine Beweggründe für eine Ausbildung veröffentlicht.

Ist es das Spielergehalt oder der Mangel an Perspektive?

Man würde es sich zu einfach machen, wenn man einfach nur schimpft, dass das doch nicht sein kann. Es gilt vielmehr zu klären, was die Spieler dazu treibt, sehr frühzeitig an die Zeit nach dem Sport zu denken. Ein vorrangiger Grund ist sicherlich das gegenwärtige Einkommen. Bei Spielergehältern zwischen 45.000 und 80.000 Euro netto pro Saison (Saison bedeutet hier 8-9 Monate) kann sich jeder Außenstehende bestimmt vorstellen, dass nach zehn bis fünfzehn Jahren Profidasein nicht genug Geld übrig ist, um sorglos durch den Alltag zu spazieren. Immerhin kann man mit 35 oder 38 Jahren schlecht Rente beantragen. Und das will auch niemand. Zu groß ist im besten Alter der Tatendrang. Man will noch was bewegen,  etwas (er)schaffen. Natürlich ist das als Trainer oder Sportdirektor möglich. Doch auch dafür benötigt man eine Ausbildung. Trainerscheine werden üblicherweise von Vereinen gezahlt. Allerdings hat im Hire&Fire Zeitalter auch das Interesse am Beruf Trainer abgenommen. Dies ist schon alleine daran zu erkennen, dass diverse Trainer nur zu oft innerhalb weniger Ligen „umherwechseln“. Allein aus Mangel an Alternativen werden häufig (gerade entlassene) Trainer von anderen Clubs wieder eingestellt. Es gibt nur wenige ambitionierte „Nachwuchstrainer“ mit echten Perspektiven und Chancen. Sportdirektoren sitzen im Gegensatz dazu eher „sicher im Sattel“. Allerdings schrecken viele Spieler davor zurück, sich diesem Job zu stellen. Denn Sportdirektor im Eishockey ist nicht Sportdirektor wie man es z.B. vom Fußball kennt. Dort kümmert sich ein Sportdirektor tatsächlich nur um Sportliches. Im Eishockey hingegen wird jeder Sportdirektor mit den Aufgaben eines Managers beladen. Ohne Grundwissen muss man sich um rechtl. (Spielerverträge, Mietverträge, etc.) und betriebswirtschaftliche (Budget- bzw. Etatplanung, Jahresabschlüsse, etc.) Aspekte kümmern. Mängel kommen erst bei Betriebsprüfungen oder im Lizenzierungsverfahren zu Tage. Nötige Zusatzqualifikationen sind die meisten Clubs nicht bereit zu finanzieren. Irgendjemand im Vorstand prüft schon die Kassen… Allerdings oft erst wenn es zu spät ist. Andere Positionen im Verein (z.B. Verwaltung, Kommunikation oder Ticketing) sind entweder unterirdisch bezahlt (irgendein „Fan“ arbeitet immer für schlechtes Geld) oder extern besetzt, um Leistung nur auf Abruf bezahlen zu müssen. Was bleibt dann noch an internen Arbeitsplätzen in einem Verein?

Branchenfremder Berufseinstieg mit 38, mission impossible?

Die Erkenntnis für viele Eishockeyspieler ist die, dass man nach Karriereende einen Berufseinstieg in eine fremde Branche ohne anrechenbare Berufserfahrung vor sich hat. Wenn man diese Situation vermeiden will, muss man frühzeitig an der Qualifikation arbeiten. Die Möglichkeiten, die z.B. Patrik Reimer in Düsseldorf geboten werden, hat nicht jeder. Eine Lehre mit der Profikarriere zu verbinden ist fast unmöglich. Besser sieht es da mit Schule und Studium aus. Studiumbedingte Praktika können in der Sommerpause vorgenommen werden. Das Ende des Studiums kann man hinauszögern, allerdings nicht grenzenlos. Spätestens mit 30 Jahren „droht“ dann der Abschluss. Was passiert in fünf Jahren weiterer sportlicher Karriere mit dem Diplom oder Examen? Es wird für Unternehmen, die Absolventen einstellen, wertlos. In der heutigen Zeit wählen viele Firmen ihre Nachwuchskräfte bereits während der Praktika oder Diplomarbeiten aus. Der Übergang erfolgt oft schleichend vom Werkstudenten zum Abteilungsleiter. Wo bleibt da ein Eishockeyspieler, der noch fünf Jahre spielen will und kann? Auf der Strecke! Es sei denn er wechselt in untere Klassen. Bereits in der 2.Bundesliga sind Halbprofis nicht unbedingt eine Seltenheit. Zwar klettert man firmenintern die Karriereleiter deutlich langsamer, aber man hat ja auch ein doppeltes Einkommen. Und was noch wichtiger ist. Man sammelt Berufserfahrung und der Arbeitgeber lernt die ungeheure Belastbarkeit von Profisportlern kennen und schätzen. Ein Karriereschub nach Karriereende ist also durchaus zu erwarten. Mission possible heißt es demnach nur für unterklassige Halbprofis.

Die Erkenntnis aus 15 Jahren Erfahrung…

Das Modell Wintersport ist richtungsweisend. Was meine ich damit? Ich spiele damit auf das Konzept der Förderung für Skifahrer, Langläufer, Biathleten oder Rennrodler an. Da die Einkommensverhältnisse dieser Sportler ähnlich denen der Eishockeyspieler sind, üben fast alle Athleten nebenbei eine Tätigkeit bei der Bundeswehr, der Polizei oder dem ehemaligen Bundesgrenzschutz, dem BAG, aus. Vereinzelt arbeiten auch manche bei Sportartikelfirmen oder Sponsoren des Rennzirkus in der Sommerpause. Die höchste Deutsche Liga, die DEL, befindet sich gerade auf dem Scheideweg. Schafft man es zur echten Profiliga zu avancieren oder geht es eher in Richtung absolutes Schattendasein. Was auch passiert, es wird den Lebensweg, den Spieler in Zukunft gehen werden (müssen), prägen. Denn es muss eine Entwicklung in eine der beiden Richtungen geben. Entweder entwickeln die Clubs richtige Infrastrukturen, in denen ehemalige Spieler auch wirkliche Perspektiven haben, oder man ermöglicht den Spielern ein Halbprofitum, im Rahmen dessen sie sich für den späteren Arbeitsmarkt fit machen können.

In der derzeitigen Situation ist der Schritt von Manuel Klinge völlig nachvollziehbar und auch kein Einzelfall.  Ich würde, für meinen Teil, jeden Spieler in der DEL dazu motivieren, den gleichen Schritt wie Manuel Klinge zu gehen. Vielleicht verstehen die „Macher“ der DEL erst dann wieviel die Uhr geschlagen hat, wenn der Liga die Spieler ausgehen, weil sie lieber Halbprofis mit Perspektive sein wollen, als perspektivlose Profis.  Vermutlich würde die Attraktivität der DEL nicht im Geringsten darunter leiden, eine semiprofessionelle Liga zu sein. Sehr wahrscheinlich würde es in Deutschland niemandem auffallen und den wenigen Fans  wäre es egal. Für die Spieler allerdings steht das Leben nach dem Sport auf dem Spiel…

Grüße von einem ehemaligen Karriereabbrecher,

Euer Manuel Hiemer