Eishockey Silbermedaille – kein Wunder sondern Startschuss

„Leini, wir spielen um die Goldmedaille“. Dieser Satz von Patrick Ehelechner wird zu einem festen Bestandteil der Geschichte deutscher Sportberichterstattung werden. Der Gewinn der Eishockey Silbermedaille wird nicht nur in den etwas versteckten Geschichtsbüchern des Eishockeys zu finden sein, sondern in die deutsche Sportgeschichte eingehen. Patricks Satz könnte vielleicht sogar auf einer Ebene mit dem Zimmermann-Zitat aus 1954 stehen: „„Aus,aus,aus,- aus !! Das Spiel ist aus ! Deutschland ist Weltmeister …“ So könnte es sein…

Einzigartig oder doch nicht?

Vielleicht wird das alles in 40 Jahren aber doch gar nicht so einzigartig und einmalig, sondern „nur“ als sehr geschichtsträchtig eingestuft. Klar, wenn es für die nächsten vierzig Jahre wieder die einzige Medaille bleibt. Wenn bei den kommenden Weltmeisterschaften wieder in der Vorrunde Schluss ist oder manchmal das Viertelfinale erreicht wird. Wenn alles so bleibt, wie es war, dann wird dieser Satz vielleicht sogar bedeutender als der von 54. Die Gesichter der Eishockeyhelden von 2018 sagten aber etwas komplett anderes. Die Interviews von Marco Sturm und seinen Männern versprühten einen völlig anderen Geist. Und auch die Führungsriege ließ andere Worte verlauten. Bereits heute, einen Tag nach dem überraschenden Finale des olympischen Eishockeyturnieres konnte man Interessantes lesen.

Die Arbeit des Verbandes

Eishockey Silbermedaille - Franz Reindl

Eishockey Finale – Franz Reindl: „Wollen gewinnen!“

Rick Goldmann schreibt in seinem Beitrag „Wir haben wieder Helden“ natürlich von den Sportlern und deren Entwicklung in den letzten drei Jahren. Allerdings hebt er auch deutlich die Arbeit des Verbandes heraus. Unseres lange, lange, auch von mir viel gescholtenen Verbandes. Das sind ganz neue Worte und sie verheißen sehr viel mehr als Einzigartigkeit. Franz Reindl, sein Präsidium und sein neuer Sportdirektor haben ganz gezielt vier Jahre lang auf diese Spiele hingearbeitet. Das konnte man auch von vielen Spielern in den Interviews hören. Immer wieder sprachen sie davon, dass sich jetzt „endlich die harte Arbeit der letzten vier Jahre auszahlt“. Derartige Aussagen gab es zuvor nicht. Sportdirektor Stefan Schaidnagel gibt bereits einen Tag nach der Silbermedaille zu bedenken, dass „wir uns überlegen müssen, wie wir uns nachhaltig erfolgreich aufstellen“. Während ganz (und wirklich ganz!) Deutschland seine Eishockey-Olympia-Helden feiert, denkt das #TeamDeishockey schon daran, wie die nächsten Schritte sein müssen.

Powerplay 26 anstatt Eintagsfliege

Die deutschen Eishockeyspieler waren traurig. Ja! Sie waren traurig! Während sich die Etablierten wie Schweden, Kanada oder Russland verdutzt die Augen rieben, wussten die Jungs um Marco Sturm genau was sie wollten. Und was sie können! Denn die Spiele waren keine reinen Abwehrschlachten, in denen ein Sonntagsschuß und 58 Minuten Defensivarbeit zum total glücklichen Extremerfolg führten.

Mit Spielen auf Augenhöhe zur Eishockey Silbermedaille

Das waren tatsächlich Spiele auf Augenhöhe mit richtig gut herausgespielten Toren. Vielen Toren! Schweden hatte bis zum Viertelfinale ein einziges Gegentor kassiert. #TeamDeishockey verpasste dem Weltmeister satte vier! Die Kombination von Goc und Mauer mit einem klasse Abschluss fällt schon fast unter die Kategorie Traumtor. Die abgezockte Nummer vom zweiundzwanzigjährien Jonas Müller zum 3:2 gegen Russland war einfach Top-Level-Eishockey. Das gab es so noch nie. Weder 1976, noch in Lillehammer und auch nicht bei der Heim-WM 2010! Vom Vorrundenspiel gegen Schweden bis zum Finale gab es zu keiner Zeit einen Leistungseinbruch. Deutschland spielte nachhaltig das komplette Turnier auf einem Niveau mit den Top-Nationen. Das NHL-Argument zieht hier nicht. Das betraf alle. Vielleicht hat die Deutsche Eishockey Nationalmannschaft seine Topstars sogar etwas mehr vermisst, als die Etablierten. Diese Nationen haben doch – oder hatten bisher zumindest – fast vergleichbare Topspieler im eigenen Land oder der KHL.

Strukturiertes Arbeiten nach einem guten Plan

Wenn man in Betracht zieht, wann das Konzept Powerplay26 aufgelegt wurde und was davon in den letzten Jahren auf den Weg gebracht und umgesetzt wurde:

  • Wiedervereinigung von DEB, DEL und Landesfachverbänden
  • Reform der Trainerausbildung
  • Fünf Sterne Bewertung
  • Regionalbetreuung der Clubs durch den DEB
  • Altersstrukturreform
verdienter Halbfinalsieg gegen Kandada

verdienter Halbfinalsieg gegen Kandada

Dann kann man durchaus erkennen, dass da tatsächlich System hinter dem Erfolg der Eishockey Silbermedaille steckt. Wenn es die Sportverantwortlichen beim DEB schaffen, die Trainer deutschlandweit besser zu machen, dann können auch immer mehr Kinder auf ihrem Weg zum Eishockeyprofi auf Topniveau gebracht werden. Ich vermute mal, dass wir ähnliche Erlebnisse wie bei Olympia 2018 in absehbarer Zeit auch in der U20 oder U18 erleben werden. Dort braucht das Team um die Herren Schaidnagel, Sturm und Künast evtl. eine weitere olympische Periode. Geben wir sie ihnen und lassen wir sie arbeiten. Nein besser. Arbeiten wir in den Verbänden und Vereinen den Männern doch zu! Immerhin haben sie Deutschland von Platz 13 auf Platz 7 der Weltrangliste geführt. Lassen wir uns mitnehmen auf ihre Reise, die sie vor drei bzw. vier Jahren begonnen haben, die in Pyeongchang ihren kurzfristigen Höhepunkt hatte und die aber darüber hinaus weitergehen soll und wird.

Erfolg gibt Recht

Natürlich gab es in den letzten Jahren auch immer wieder hartes Brot, das Verbände oder Clubs schlucken mussten. Nicht jede Entscheidung oder jede Maßnahmen des DEB war für den einen Verband oder den anderen Club leicht umzusetzen oder hinzunehmen. Am Ende haben aber sowohl bei den letzten Mitgliederversammlungen des DEB als auch bei der Umsetzung in den Verbänden und Clubs alle an einem Strang gezogen. Manchmal mit Zähneknirschen, manchmal mit Säbelrasseln, aber am Ende gibt Erfolg ganz einfach Recht. Und das hat der Deutsche Eishockey-Bund seit dem Gewinn der Silbermedaille in Pyeongchang zweifellos! Lasst uns also sehen, was wir Verbände und Clubs für unseren Spitzenfachverband tun können und nicht andersherum. Denn dann und nur dann tun wir auch wirklich was für das Deutsche Eishockey. Auf diese Weise bleibt das gerade Erlebte nicht Einzigartig, sondern es wird zum Startschuss in eine neue Era!

POWERPLAY26 - wesentliche Elemente

POWERPLAY26 – wesentliche Elemente

Über Manuel Hiemer

Präsident Landeseissportverband Sachsen-Anhalt; Vorstand Eis- und Sportverein Halle (Saale) e.V.; Inhaber M Solutionis (Online Marketing Agentur); ehem. Eishockeyspieler (EHC München, Dragodiles Bad Aibling, EV Landsberg, Star Bulls Rosenheim, Bemidji State Beavers, Silver Bay Mariners, Sportbund DJK Rosenheim)

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