Olympia Eishockeyturnier in Sotschi

Das Olympia Eishockeyturnier in Sotschi startet in Kürze. Unsere Damen haben sich intensiv vorbereitet. Im letzten Testspiel trat man gegen keinen geringeren Gegner als die Silbermedaillengewinnerinnen von Vancouver an, die Damen aus den USA. 

Medaillenhoffnungen trotz hoher Niederlage im letzten Test

Auch wenn das letzte Testspiel gegen die USA mit 0:10 sehr deutlich verloren wurde, machen sich die deutschen Damen dennoch Hoffnungen auf die Bronzemedaille. Gerechtfertigt oder übertrieben? Betrachtet man die Ergebnisse des Nations Cups in Ingolstadt im Januar, kann man sich nicht wirklich vorstellen, dass da eine Medaille möglich sein soll. Auf der anderen Seite ist Olympia nun mal Olympia und so manches Team wächst dort über sich hinaus. Spätestens seit Lake Placid sollte man wohl nichts mehr für unmöglich halten. Vor allem Torfrau Viona Harrer kann an guten Tagen ein Spiel entscheiden. Am Ende wird es aber der Teamgeist sein, der über eine erfolgreiche Olympiade entscheidet oder eben nicht. Zum ersten Mal stehen auf jeden Fall die Damen im Kernfokus der deutschen Medienlandschaft (was sich an den Aussagen von Leistungssportdirektor Schwank in der Erföffnungs-Pressekonferenz ab Minute 11 bereits erahnen lässt) . Das ist natürlich auch noch eine etwas ungewohnte Situation für viele der Damen.

Die Medien – Ansporn oder Hemmnis

Wie sehr wird die Fokussierung der Medien auf unsere Eishockeyspielerinnen die Sportlerinnen beinflussen? Meistens spielen sie ja weit ab im Schatten von Ehrhoff, Seidenberg, Sturm und Co.. Da spielt es sich leicht und unbeschwert. Sobald man ins Rampenlicht gerät ändert sich das. Es kann aber genauso gut auch einen richtigen Motivationsschub bewirken. Das Team kann seine Chance wittern, den Fans und „allgemeinen“ Mitbürgern einmal zu zeigen, was Damen auf dem Eis da tatsächlich leisten können. Schaffen es die Spielerinnen um Trainer Peter Kathan das „Jetzt zeigen wir es allen“ Gefühl umzusetzen und auf das Eis zu transportieren, glaube ich durchaus, dass eine Medaille im Bereich des Möglichen liegt. Ich drück die Daumen.

Zusehen und Lernen

Nachdem Herr Schwank das Thema auch in der Pressekonferenz anschnitt, frage ich mich ebenfalls: Was treiben wohl die Macher unserer Herren Nationalmannschaft in dieser Zeit? Werden sie nach Sotschi fahren und sich als Zuschauer und Experten geben, oder nutzen sie die gut zwei Wochen, um sich Gedanken über die Gründe zu machen, warum man den Damen in Sotschi den Vortritt lassen muss – wohl eher nicht. Vor mehr als einem Jahr war die Gewissheit da, dass der DEB mit seiner Mission Sotschi gescheitert war. Die Nichtteilnahme der Herrenmannschaft ist nur die logische Konsequenz jahrelanger Misswirtschaft in diesem Verband und wäre bereits einige Male schon zu erwarten gewesen. Trotz lauter Rufe nach einem grundlegenden Wechsel und einem Neustart, wurde dennoch weitergemacht wie immer. Man hielt die Stange nach einer doch recht ordentlichen WM wieder richtig hoch, befand sich intern natürlich bereits auf dem richtigen Weg. Man arbeitet auf die nächste Chance hin: 2018

2018 da war doch was – die Agenda

Der Plan für die Mission 2018 ist sogar niedergeschrieben worden, in der Agenda 2018. Ich nehme jetzt einfach Mal die unmittelbar bevorstehende Olympiade als Aufhänger, um einmal tiefer nachzusehen, was denn vom Plan bereits realisiert wurde.

Sportfachliche Zielsetzung und die Realität

Agenda 2018 - sportfachliche Zielsetzung

Die sportfachlichen Ziele wurden dort eindeutig definiert. Fast alle Ziele wurden klar verfehlt. An diesen Zielen sollte man sich jetzt, da die aktuelle Olympiade uns allen vor Augen führt, wo das Deutsche Eishockey tatsächlich steht, schonungslos messen lassen. Punkt 1 der Leistungsziele wurde verfehlt. Wie es sich bei Punkt 2 verhält, können wir in den nächsten Tagen selbst im Fernsehen mitverfolgen. Die Analyse der Entwicklungsziele hingegen gleicht eigentlich einem Offenbarungseid der aktuellen Crew. Anstatt der Medaillenplatzierung der U18 Damen Nationalmannschaft ist man abgestiegen. Die Platzierungen der U18 und U20 Nationalmannschaften fielen fast genauso schlecht aus. Anstatt eines Platzes zwischen 3 und 8 konnte die U20 gerade noch in der Relegation den Abstieg vermeiden. Die U18 schied bereits im Viertelfinale aus und kam dabei nicht unter die ersten 8 Teams.

Maßnahmenplan Agenda 2018

Ein Maßnahmenplan ohne Maßnahmen

Vielleicht kann man am Maßnahmenplan (siehe Bild rechts), bzw. was davon realisiert wurde und was nicht, ableiten, warum die Ziele so eindeutig verfehlt wurden.

  • Aus- und Weiterbildung der Trainer gemäß der DOSB Ausbildungsordnung und der Trainerordnung unter Beachtung der Grundsätze des Qualitätsmanagements und der Berücksichtigung von Entwicklungen im nationalen und internationalen Bereich. Nutzung des Potentials der Aus- und Weiterbildung zum internen Marketing und zur Verbreitung zentraler Ideen im Leistungs- und Breitensport.
    > Dass diese Maßnahme noch nicht einmal ansatzweise in Angriff genommen wurde, habe ich anhand der Fortbildungsmaßnahmen unserer eigenen Trainer am eigenen Leib erfahren müssen. Auf Landesebene wurde ebefalls nichts weiterentwickelt (siehe hier).
  • Durchgängiges System der Leistungsförderung auf allen Ebenen
    > Ein System der Leistungsförderung fehlt komplett. Geschweige denn, dass es auf alle Ebenen implementiert wurde. Es gibt kaum Leistungsförderung. Wenn überhaupt, betreibt die DEL mit ihrem Förderlizenzsystem eine Art ansatzweise Leistungsförderung. Und das hätte der DEB ja in den letzten beiden Jahren beinahe gänzlich zerstört.
  • Verbessertes einheitliches Talentsichtungs-, erfassungs- und fördersystem in enger Zusammenarbeit mit den Landesfachverbänden und den Landessportbünden unter Berücksichtigung der Vorgaben des DOSB.
    > Dazu hatte ich selbst einschlägige Erfahrungen gemacht. Am Talentsichtungssystem wurde weder auf Landesverbandsebene noch über die Landessportbünde irgendetwas verbessert. Unser Landessportbund in Sachsen-Anhalt weiß nicht einmal, was für U-Mannschaften es im Eishockey gibt und schon gar nicht, welche der echt wenigen Spieler(innen) in Sachsen-Anhalt dafür in Frage kommen. Nach wie vor gibt es auch kein Talenterfassungssystem. Ich habe selbiges im DEB zu implementieren versucht. Das wurde schlichtweg abgelehnt. Nachfolger, die ähnliches versuchten, erhielten ebenfalls Absagen. Zuletzt ist man auch mit einem verbesserten einheitlichen Fördersystem keinen Schritt weiter. Dies bestätigte unter anderem der DOSB Verantwortliche Carsten Embach im direkten Telefonat mit mir.
  • Einführung der dualen Karriere in den Landesverbänden und im Spitzenverband
    > Die Möglichkeit zur dualen Karriere gibt es wie eh und je nur für die A-Nationalspielerinnen der Damen. Weder in den Landesverbänden noch im Spitzenverband hat sich seit Ausarbeitung der Agenda 2018 irgendetwas getan oder verbessert.
  • Agenda 2018 Eisflächen für DeutschlandFortschreibung und konsequente Umsetzung von Regionalkonzepten in Zusammenarbeit mit LEV und OSP unter Berücksichtigung der Rahmenkonzeption des DOSB.
    > Auch hier stellte sich im Telefonat mit Carsten Embach heraus, dass es kein Rahmenkonzept zum Eishockey beim DOSB gibt und derartiges auch jüngst nicht vorgelegt wurde. Durch meine Arbeit im LEV weiß ich, dass es auch auf Landesebene keine Umsetzung eines Regionalkonzeptes gibt.
  • Aktive Mitgestaltung des Pilotprojektes „Partnerschulen des Wintersports“ in Bayern und vergleichbarer Modelle in anderen Bundesländern.
    > Weder in Bayern wurde hier proaktiv mitgestaltet noch wurde in anderen Bundesländern irgendetwas angestoßen oder unterstützt. In Sachsen-Anhalt will man Eishockeyspieler systematisch von den Sportschulen (am OSP) auschließen. Es ist also eher eine gegensätzliche Entwicklung im Gange.
  • Einführung eines Top-Team-Sotschi-2014 > Das Team gibt es ganz einfach nicht.
  • Nachhaltigkeitskonzept „Eisfächen für Deutschland > Fragt doch einfach mal in Kaufbeuren, Kassel oder Halle nach…

DEB Agenda 2018 by Manuel Hiemer

Ich habe jetzt nicht alle Punkte abgehandelt, weil sonst jeder eingeschlafen wäre. Ihr könnt ja selbst noch etwas stöbern und werdet weitere Versäumnisse bzw. Verfehlungen entdecken. Aber obiger Ausschnitt zeigt schon sehr deutlich, was die Verantwortlichen beim DEB von ihrer Mission 2018 bisher in Angriff genommen oder realisiert haben:

Nichts – Der DEB hat nichts realisiert

Eine Führungsriege, die in der freien Wirtschaft ihre Ziele klar verfehlt, weil sie ihren eigenen Maßnahmenplan nicht mal ansatzweise umsetzt, hat innerhalb kürzester Zeit ausgedient. Leider können unsere führenden Personen (denen es vorrangig um ihre Posten geht) im Eishockey nicht gefeuert werden. Aber liebe Eishockey Mitstreiter, Landesverbandskollegen, Vereinsvorstände, Ligenleiter, Nachwuchs- und Profitrainer, Fans, Sponsoren, Spieler, Eltern und wer auch immer diese Sportart liebt; Bei der Wahl im Juli 2014 gibt es tatsächlich die Chance, diesem Fehlverhalten Einhalt zu gebieten und ein neues Präsidium zu wählen.

Bitte bringt Euch mit ein und lasst uns Kandidaten finden, die nicht nur eine Agenda schreiben, um Papier zu schaffen, sondern die ein echtes Konzept erstellen und vor allem auch wirklich umsetzen!

Kurz nochmal zurück zu den Damen und unserer Hoffnung

Jetzt wünschen wir zuletzt doch unseren Damen alles erdenklich Gute für ihr erstes Turnier als Vorzeigemannschaft des deutschen Olympiateams. Immerhin spielen auch schon vier Damen in Übersee. Drei davon an mir noch wohlbekannten Orten in Minnesota. Ich würde es den Sportlerinnen, die ohne das große Geld zu verdienen jeden Sommer hart trainieren und im Winter Woche für Woche alles geben, so sehr gönnen, eine Medaille zu holen. Ich werde auf alle Fälle mitfiebern und hoffentlich mitjubeln…

Und wenn alles gut geht, jubeln wir im Sommer vielleicht nochmal…

Über Manuel Hiemer

Präsident Landeseissportverband Sachsen-Anhalt; Vorstand Eis- und Sportverein Halle (Saale) e.V.; Inhaber M Solutionis (Online Marketing Agentur); ehem. Eishockeyspieler (EHC München, Dragodiles Bad Aibling, EV Landsberg, Star Bulls Rosenheim, Bemidji State Beavers, Silver Bay Mariners, Sportbund DJK Rosenheim)

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