Der Hockey Blog – Weltkulturerbe oder Schlachtdenkmal



EM Gewinnspiel


Quo vadis Eishockey in 2012? Diese Frage haben sich bestimmt viele Fachleute, aktive Sportler, Fans, usw. zum Jahreswechsel gestellt. Ich auch. Das letzte Jahr war ja durchaus turbulent und geprägt durch Auf und Abs. Vor allem die Momente des Aufschwungs (WM, weniger Pleiten als in den letzten Jahren, runder Tisch) haben mir Mut gemacht. Allerdings gab es auch immer wieder Dämpfer. Auf eine tolle WM folgte das Kooperationsvertragsgezeter, auf einen glimpflichen Sommer folgte das ESBG-DEL Hickhack und zuletzt hörte man nach tollem Anlauf beim „runden Tisch“ in München gar nichts mehr vom vereinbarten Treffen (DEB, DEL und ESBG) im Rahmen der U20 WM in Garmisch (B WM! – @Michael Lachmann: Da habe ich mir mal kurzfristig selbst ein Ei gelegt). Es interessiert mich geradezu brennend was dort rauskam!

Was wird jetzt kommen?

metrostars

Dachte ich mir noch. Und schon kam die Meldung über Facebook: „Die DEG meldet sich als Weltkulturerbe an!“ Zuerst hielt ich das für eine Ente oder einen Scherzbeitrag. Doch beim Klick auf den Link stand es schwarz auf weiß (bzw. in Farbe) vor mir. In einem offiziellen Artikel konnte ich mit Begeisterung über diese „kesse“ Idee der Düsseldorfer lesen. Dass man sich im Vorlauf die Kriterien angesehen hat, hebt die DEG schon von so manchen „Spezialisten“ unserer Sportart ab! Allerdings äußerte sich Frieder Feldmann, Pressesprecher der DEG, nur zu Punkt 3 so wirklich. Mich würde interessieren, wie die anderen Kriterien erfüllt werden? Und es sind nicht 10, sondern nur 6 Kriterien, die man für das Weltkulturerbe erfüllen muss. Weil ich so begeistert vom Düsseldorfer Ansatz bin, habe ich mir mal die Mühe gemacht, den Katalog mit DEG Argumenten zu füllen:

1. Die Güter stellen ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft dar.
-> Eishockeyspielen an sich grenzt doch an Meisterwerke menschlicher Schöpfkraft. Kein Sport ist koordinativ, peripheres Sehen betreffend und mental anspruchsvoller als Eishockey! Punkt 1 erfüllt!

2. Die Güter zeigen, für einen Zeitraum oder in einem Kulturgebiet der Erde, einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf die Entwicklung von Architektur oder Technologie, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung auf.
-> Für einen bestimmten Zeitraum trug „das Stadion an der Brehmstrasse“ eindeutig zur Erfüllung dieses Punktes bei. Punkt 2 erfüllt!

3. Die Güter stellen ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur dar.
-> Diesen Punkt hat Herr Feldmann ja schon ausgeführt. Punkt 3 erfüllt!

4. Die Güter stellen ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften dar, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Geschichte der Menschheit versinnbildlichen.
-> Auch hier würde ich „das Stadion an der Brehmstrasse“ wieder heranziehen. Sie war doch der Vorläufer aller großen Hallen, die es jetzt so gibt. Sie und die DEG haben uns gezeigt, wie man 10.000 Fans in ein Stadion bekommt und wie dabei alles friedlich (im ganz großen Gegensatz zum Fußball) ablaufen kann. Punkt 4 erfüllt!

5. Die Güter stellen ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform, Boden- oder Meeresnutzung dar, die für eine oder mehrere bestimmte Kulturen typisch ist, oder der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, insbesondere, wenn diese unter dem Druck unaufhaltsamen Wandels vom Untergang bedroht wird.
-> Die ganze Anlage an der Brehmstrasse ist seit 1935 ein hervorragendes Beispiel einer (überlieferten) menschlichen Bodennutzungsart. Und vom Untergang bedroht ist sie auch schon fast… Der FC Bayern hat seine Anlage an der Säbener Strasse erst seit 1949! Punkt 5 erfüllt!

6. Die Güter sind in unmittelbarer oder erkennbarer Weise mit Ereignissen oder überlieferten Lebensformen, mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen oder mit künstlerischen oder literarischen Werken von außergewöhnlicher universeller Bedeutung verknüpft.
-> Hockey is Life! The rest is just details! Eishockey ist eine Lebensform, die durchaus als künstlerisches Werk gesehen werden kann. Eishockey zu leben grenzt sogar an ein Glaubensbekenntnis! Punkt 6 erfüllt!

Wer diese, meine Ansichten nicht teilt, kommt anderen Medienberichten zu Folge evtl. auf einen ganz anderen Gedanken: Mehr Völkerschlachtdenkmal als Weltkulturerbe! Denn nur wenige Tage bevor die absolut coole Idee der Düsseldorfer veröffentlicht, wurde zeichneten sich ein paar wenige DEG-Fans durch, für den Eishockeysport völlig unüblich, Gewalt und Randale aus. Obwohl es sich wirklich um einen Einzelfall handelt, zeigt es wohl die angespannte Situation in Düsseldorf. Wankt hier das nächste Schiff der DEL-Flotte? Ich hoffe sehr, dass dem nicht so ist. Denn Welterbe hin oder her, Düsseldorf ist eine der ganz großen und traditionsreichen Marken im deutschen Eishockey. Derartige Marken machen eine erfolgreiche Sportart aus. Auf dem besten Weg dorthin befinden sich doch die Eisbären Berlin. Die Tradition reicht zwar nicht soweit zurück wie in Düsseldorf, dafür avancierten die Hauptstädter zum Vorzeigeclub. Am meisten freut mich an den Eisbären, zu sehen, dass es auch funktionieren kann. Dicht dahinter folgen die Adler Mannheim mit ähnlichem, nicht ganz so erfolgreichem dafür aber traditionellerem Stil. Ingolstadt und Hamburg scheinen sich ebenfalls zu etablieren. Da frage ich mich nochmal:

 

Quo vadis Eishockey in 2012?

Es stehen doch auch noch positive Entscheidungen an! Nach erfolgreichem runden Tisch könnte das Zusammenwirken zwischen DEB, DEL und ESBG deutlich verbessert werden. Man stelle sich mal vor, dass diese drei „Institutionen“ in diesem Jahr zum ersten Mal alle in die gleiche Richtung arbeiten… Da kann sich was entwickeln. Denn bei aller Kritik, die man (ich ja auch des öfteren) ständig übt, muss man auch mal anerkennen, dass die 2. Bundesliga seit Jahren eine absolute Konstante darstellt. Seit der Einführung einer eingleisigen 2. Bundesliga 1998 hat sich die Liga stetig verbessert, sportlich als auch wirtschaftlich. Nach einer Sondierungssaison 2000/1 festigte sich die 2. Bundesliga noch einmal mehr. Das sollten alle irgendwie auch mal anerkennen. Ob die Institution ESBG oder doch mehr die Vereine selbst dafür verantwortlich sind, werfe ich jetzt als Frage einfach mal in den Raum. Wenn ich mir die Tabelle ansehe, strotzt diese Liga auf jeden Fall nur so vor Tradition!

kabinenfreude

Das Potential ist also da! Neue Wege sind seit einiger Zeit gefragt! Genau aus diesem Grund habe ich mich auch so sehr über die Idee der Düsseldorfer gefreut. Sowas hatte bisher niemand auf dem Radar! Und wenn es auch nur ein PR-Gaga ist, dennoch ein „chapeau“ nach Düsseldorf. Die Einführung der Generation Hockey in Hannover ist ein ähnlicher, neuer und innovater Ansatz. Davon braucht unser Eishockey eventuell mehr. Auch die Freunde von „Für mehr Eishockey im deutschen Fernsehen“ sind diesbezüglich am Überlegen (siehe Bild und Link). Es müssen mehr Zeit, Manpower und auch Geld für neue Ideen aufgebracht werden als bisher. Wo kann man das einsparen? Bei der Ausrüstung, bei Fahrtkosten, bei Kapazitäten? Neue Ideen kosten oftmals nicht nur Geld, sondern tragen auch zu Einsparungsmöglichkeiten bei. Rein aus Kostengründen spielen die DNL Teams an aufeinanderfolgenden Tagen und dabei an naheliegenden Spielstätten. Sogar Profiligen in Amerika machen es so. Dies wäre doch mal eine Überlegung für die Saison 2012/13 wert! Man stelle sich darüber hinaus mal vor, dass die Ligenleitung für alle deutschen Ligen unter einem Dach erfolgen würde. Da steckt nochmal außerordentliches Einsparungspotential bezüglich Personalkosten drin! Unter Umständen könnte eine Sportart Eishockey, bei der alles unter einem Dach sitzt, durch geschicktes Vorgehen Fördertöpfe anzapfen, die für Einrichtungen gedacht sind, welche dem Gemeinwohl dienen, oder für Institutionen entwickelt wurden, welche im allgemeinen öffentlichen Interesse handeln und von Bedeutung für Deutschland sind… Gewiefte Köpfe können da bestimmt Wege finden… man müsste diese Köpfe nur mal finden und in Position bringen…

Gibt es solche Köpfe im oder mit Interesse für Eishockey überhaupt?

Bestimmt! Nur, wer findet Sie oder erlaubt Ihnen in Erscheinung zu treten? Oder haben doch alle „Alteingesessenen“ unheimlich Angst vor neuen, jungen Köpfen mit „kessen“ Ideen wie der Anmeldung für das Weltkulturerbe? Hindert die „Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht-Generation“ die „jungen, verrückten Wilden“ mit all ihrer Macht am „Emporklettern“?

Ich wünsche mir für das Eishockeyjahr 2012  genau das Gegenteil! Seien wir doch viel offener für Ideen à la Generation Hockey oder Weltkulturerbe!

Euer Mauel Hiemer


Über Manuel Hiemer

Präsident Landeseissportverband Sachsen-Anhalt; Vorstand Eis- und Sportverein Halle (Saale) e.V.; Inhaber M Solutionis (Online Marketing Agentur); ehem. Eishockeyspieler (EHC München, Dragodiles Bad Aibling, EV Landsberg, Star Bulls Rosenheim, Bemidji State Beavers, Silver Bay Mariners, Sportbund DJK Rosenheim)

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